Adam, Eva und die Evolution. Wie Bibel und Wissenschaft zusammenpassen. Gießen: Brunnen 2018. 48 S. Taschenbuch: 4,99 €. ISBN: 978-3-7655-4330-2
Der Verfasser ist ein geschätzter Pastor und Autor mit einem großen Herzen für Evangelisation. Er möchte mit diesem Büchlein Menschen helfen, die in der Spannung zwischen einem Glauben an Gott und an Evolution stehen. Dabei will er einerseits Evolution als Wissenschaft stehen lassen (nicht als Weltanschauung!), andererseits die Autorität der Bibel nicht in Frage stellen.
Positiv ist, dass Keller an der Geschichtlichkeit von Adam, Eva und dem Sündenfall festhält und den Tod als Folge der Sünde ansieht (allerdings nur geistlich). Positiv ist auch, dass er das „Buch der Natur“ vom Buch der Bibel her verstehen will wie Christoph Rädel im Vorwort vermerkt. Gut ist, dass Keller die Problempunkte deutlich benennt: Neben der Autorität der Bibel im Verhältnis zur Evolution nennt er das Verhältnis der Wissenschaft zur Weltanschauung der Evolution, drittens Adam und Eva als geschichtliche Gestalten, was von der Evolutionstheorie als unmöglich erscheint und viertens die Frage nach dem Ursprung des Bösen und der Gewalt, wenn dies als Triebkraft der Evolution gilt.
Problematisch ist, dass Keller doch bei einer Form theistischer Evolution landet, denn er meint, sich gegen „inquisitorisches Denken“ wehren zu müssen und „glauben zu können, dass das menschliche Leben durch Prozesse der biologischen Evolution entstanden ist“ (S. 27). Dazu muss er aber „Genesis 1 als einen Text verstehen, der nicht wörtlich zu nehmen“ (S. 12), sondern ein „erhabener, halb-poetischer“ und nicht chronologischer Text ist. Kapitel 2 und 3 hingegen versteht er als geschichtlich und chronologisch. Um aber einleuchtend machen zu können, dass Adam und Eva wirkliche Einzelpersonen waren, die in Sünde gefallen sind und deshalb der Tod in die Welt kam, muss Keller auf eine Version der Präadamiten-Theorie zurückgreifen. Diese hätten sich per Evolution außerhalb des Paradieses entwickelt und aus ihnen hätte Gott einen Mann herausgenommen, dem er die Gottebenbildlichkeit verlieh und ins Paradies setzte. Um den Tod als Folge des Sündenfalls erklären zu können muss Keller diesen allein geistlich verstehen. Das widerspricht aber sowohl dem hebräischen Begriff für Tod als auch den Aussagen des Paulus in Rö 5,12-14.
Nicht gut finde ich auch, dass der Verfasser Evolutionsbiologie und natürliche Auslese als Tatsachen nimmt, die er nicht hinterfragt. Evolutionsbiologie kann aber nur kleinste Veränderungen in Vorhandenem nachweisen aber keine Höherentwicklung. Und Auslese kann überhaupt erst dann funktionieren, wenn schon etwas Auszulesendes vorhanden ist. Wie dies aber zustande kam, bleibt im Dunkel. Negativ finde ich ebenfalls, dass Keller überhaupt keine Schöpfungswissenschaft erwähnt, sondern nur „antiwissenschaftliche Religionsvertreter“ zu kennen scheint.
Der Verfasser will zur Diskussion in der Gemeinde anregen und zeigen, dass man sehr wohl an Gott und an Evolution glauben kann oder das zumindest bei einem anderen Christen tolerieren soll. Das geht aber nur auf Kosten der Schrift und hilft trotz manch guter Argumente nicht wirklich weiter. Das Büchlein könnte Menschen interessieren, die von Evolution überzeugt sind und deshalb meinen, nicht an Gott glauben zu können. Ich würde es trotzdem nicht empfehlen.
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