Sieben Tage, das Universum und Gott. Was Wissenschaft und Bibel über den Ursprung der Welt sagen. Witten: SCM R. Brockhaus 2014. 173 S. Hardcover: 16,95 €. ISBN: 978-3-417-26569-9.
John Lennox, ist Professor für Mathematik und lehrt auch Wissenschafts-Philosophie. Er ist nach Meinung des Rezensenten einer der besten christlichen Apologeten der Gegenwart. Bewiesen hat er das mit seinen auch in Deutsch erschienenen Büchern:
„Hat die Wissenschaft Gott begraben? Eine kritische Analyse moderner Denkvoraussetzungen“, „Stephen Hawking, das Universum und Gott“, „Gott im Fadenkreuz. Warum der neue Atheismus nicht trifft“. Meine Rezensionen dazu sind auch in „Bibel und Gemeinde“ 2/2010, 1/2012 und in „Biblisch Glauben, Denken, Leben“ Nr. 102 erschienen.
In seinem neuen Buch, das vor drei Jahren bereits in Englisch erschien, diskutiert der Verfasser vor allem die Frage nach dem Alter der Erde im Zusammenhang mit dem Schöpfungsbericht. Dabei sieht er sich als „Wissenschaftler, der die Bibel als Wort Gottes versteht“ und nicht davor zurückscheut, „wissenschaftliche Schlussfolgerungen aus ihr zu ziehen – wo solche gerechtfertigt sind.“ (S. 21) Er nimmt auch den Schöpfungsbericht als Gottes Wort ernst, stellt allerdings eine recht ungewöhnliche Sicht der Schöpfungstage vor.
Um die Leser darauf einzustimmen, erklärt er im ersten Kapitel: „Wir sollten unterscheiden zwischen dem, was die Bibel sagt und dem, wovon wir denken, dass die Bibel es sagt. Die Bibel selbst hat die höchste Autorität, nicht unser Verständnis der Bibel.“ (S. 25) Dem ist zweifellos zuzustimmen. Dann erklärt der Verfasser, wie in früheren Jahrhunderten aus der Bibel eine unbewegte Erde abgeleitet wurde, was auch von Nichtchristen nicht belächelt wurde, weil dies dem damaligen verbreiteten Weltbild entsprach.
Im zweiten Kapitel stellt John Lennox die Frage nach der Schöpfungsgeschichte und dem Alter der Erde. Zunächst beschreibt er verschiedene Interpretationen des Schöpfungsberichts aus früheren Jahrhunderten, z.B. Philo, Justin und Augustinus, die nicht unbedingt am sechs-Tage-Schema festhielten. Die „Tage“ könnten zum Beispiel auch nur eine logische Reihenfolge darstellen. Dann stellt er drei Theorien zur Länge der Schöpfungstage vor: Ein Schöpfungstag hatte 24 Stunden, ein Schöpfungstag entspricht einem Zeitalter, die Tage stellen nur eine logische Abfolge dar.
In diesem Zusammenhang spricht er von der Existenz eines poetischen Rahmens (S. 39) oder quasipoetischen Elementen (S. 97), was doch aber nur ein einfaches Strukturprinzip ist. Poesie stellt sich in der Bibel ganz anders dar. Auch der Terminus „Schöpfungserzählung“ (S. 79 ff.) hat den Rezensenten etwas gestört. Trotzdem ist der Verfasser bemüht, den biblischen Text wirklich ernst zu nehmen. Es geht im Schöpfungsbericht um einen „geordneten Ereignisablauf“ (S. 39). Aus der Nichtverwendung des Artikels bei dem Wort Tag und der Beobachtung, dass die Vergangenheitsform am Anfang einer Perikope gewöhnlich auf ein Ereignis hinweist, das vor der eigentlichen Geschichte beginnt, schließt Prof. Lennox nun, dass der erste Akt der Schöpfung bereits vor dem ersten Schöpfungstag begann. Das wiederum ermöglicht es ihm, ein enormes Alter des Universums anzunehmen. Die Tage könnten dann auf eine logische Struktur hinweisen oder auch darauf, dass es einerseits sechs normale Tage waren, zwischen denen jedoch lange Pausen lagen. Der Verfasser meint, dass Gott dem Kosmos mit jedem neuen Schöpfungsabschnitt (= Tag) neue Information und Energie hinzufügt, mit dem Ziel, dass seine Schöpfung immer komplexere Formen annimmt.
Dem Einwand, dass in 2. Mose 20,9-11 der Sabbat mit der Schöpfungswoche begründet wird, begegnet er mit dem Hinweis, dass die Schöpfungswoche nur einmal stattfand, unsere Woche aber immer, was nicht sehr überzeugt, denn es geht ja gerade um das Zeitschema.
Dass Sonne und Mond erst am vierten Tag erschaffen werden, erklärt er damit, dass ihnen hier ihre Rolle im Kosmos zugewiesen wird, sie aber doch schon vorher bestanden haben müssen. Und das Wort „machen“ in 1Mo 1,16 deutet er mit C. J. Collins als „an etwas arbeiten, das bereits existiert, oder auch einsetzen“ (S. 49). Allerdings wird an dieser Stelle das Verb „machen" genauso verwendet wie an anderen Stellen im Schöpfungsbericht auch. Es wird außerdem mehrfach als Synonym zu dem Wort „erschaffen" gebraucht (am deutlichsten in 1Mo 2,3 „... ruhte er von all seinem Werk, das Gott geschaffen hatte, indem er es machte". Aber auch in 1Mo 1,21.25; 1,26f; 2,4; 5,1 werden die Begriffe synonym gebraucht). Das macht die Erklärung, dass die vorher geschaffenen Gestirne am vierten Tag nur sichtbar wurden, sehr fraglich.
Im vierten Kapitel geht es um die Erschaffung des Menschen. Die Bibel beschreibt, dass es einen besonderen direkten Schöpfungsakt für den Menschen gab. Er entstand nicht aus bereits existierenden menschenartigen Lebewesen. Für Prof. Lennox ist klar, dass weder die Kluft zwischen Leben und Nichtleben noch die zwischen Mensch und Tier durch ungesteuerte natürliche Prozesse überwunden werden kann. „In beiden Fällen muss Gott sein schöpferisches Wort sprechen … Adam lernt als erstes die Lektion, dass er sich grundsätzlich von allen anderen Tieren unterscheidet.“ (S. 56)
Dem biblisch-theologischen Einwand, dass der Tod nicht vor dem Sündenfall eingetreten sein kann, begegnet der Verfasser damit, dass in der Bibel nicht direkt ausgesagt würde, dass der Tod über alle Lebewesen gekommen sei, sondern dass das menschliche Sterben die Folge der Sünde sei. Er formuliert vorsichtig: Es „scheint so, als ob die Bibel selbst die Möglichkeit offenlässt, dass Tiere schon vor Adams Sünde gestorben sind.“ (S. 65) Deshalb vermutet der Verfasser, dass es auch Tiere außerhalb des Gartens gegeben habe. Das wird in der Bibel aber nirgends gesagt.
Außerdem werden alle Tiere mit der Schlange verflucht, die Schlange nur am meisten. Und Römer 8,19-23 spricht von der Schöpfung, die auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes wartet und hofft, dass sie dann auch zu der Herrlichkeit der Kinder Gottes befreit wird. Ja auch die Kinder Gottes sehnen sich nach der Erlösung ihres Körpers. Dadurch wird klar, dass sich der Begriff Schöpfung hier eindeutig auf die nichtmenschliche Schöpfung bezieht, die ohne etwas dafür zu können, der Vergänglichkeit unterworfen wurde. Und das war offensichtlich eine Folge des Fluchs, den Gott nach dem Sündenfall des Menschen ausgesprochen hat. Darüber sind sich die meisten Bibelausleger einig.
Allerdings steht in Römer 8,21 die Schöpfung gerade im Gegensatz zur „Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“, was deutlich macht, dass nicht nur die „Kinder Gottes“, sondern die ganze Schöpfung vom Sündenfall des Menschen betroffen wurde. In der Argumentation des Verfassers fehlt außerdem der Hinweis, dass nach 1Mo 1,30 allen Tieren pflanzliche Nahrung zugewiesen wurde, was sich nach dem Sündenfall geändert haben muss.
Die Schlange im Paradies betrachtet der Verfasser als Tatsache für die Existenz einer fremdartigen Kreatur, die sich schon deutlich gegen Gott gestellt hatte. Das Böse existierte also schon vor der Sünde der ersten Menschen. (S. 66f.) Diese Macht könnte, so glaubt der Verfasser, „die Schöpfungsordnung der Tiere schon vor dem Auftreten der Menschen verdorben“ haben. (S. 68)
Mit allen Überlegungen will der Verfasser deutlich machen, dass das Darwinsche Weltbild nicht die einzige Alternative zum Kurzzeit-Kreationismus ist und dass die kosmologischen Hinweise auf das Erdalter nichts mit Evolutionsbiologie zu tun haben. Dabei gesteht er zu, dass man die Aussagen der Bibel als Junge-Erde-Theorie interpretieren kann, es aber seiner Meinung nach nicht muss.
Sehr beachtenswert findet der Rezensent das 5. Kapitel von der Botschaft des biblischen Schöpfungsberichts im Unterschied zu dem, was Atheisten glauben.
Dem Hauptteil folgen fünf lesenswerte Anhänge, in denen sich der Verfasser mit verschiedenen Theorien auseinandersetzt.
Insgesamt geht Prof. Lennox sehr fair mit anderen Interpretationen des Schöpfungsberichts um. Er ist sich aber bewusst, dass für jeden Wissenschaftler die starken kosmologischen Hinweise auf ein uraltes Universum nur schwer mit einer nur 6000 Jahre alten Erde zu vereinbaren sind und suchte deshalb nach Alternativen, ohne die biblische Botschaft zu verfälschen. Er lehnt deutlich eine Schöpfung durch Evolution ab und glaubt selbstverständlich an Eingriffe Gottes in die Schöpfung. Aber die Verbindung der Schöpfungstage mit großen Zeiträumen hat biblisch-theologisch nur eine schwache Grundlage. Auch andere Schriftstellen scheinen nicht so richtig zu der interessanten Interpretation der Schöpfungstage zu passen, die der Verfasser vorgelegt hat.
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