Was geschah zu Weihnachten, als Jesus geboren wurde? Es gibt weit vertreitete Irrtümer, zum Beispiel diese:
Jesus wurde am 25. Dezember im Jahr Null in einem Stall geboren. Das war ein einfach zusammengezimmerter Bau aus Holz, der wenigstens noch einen Ochsen, einen Esel und ein paar Schafe beherbergte. Wenige Tage später suchten die drei Könige Caspar, Balthasar und Melchior nach dem Kind. Sie waren aus verschiedenen Erdteilen gekommen. Ein Stern mit Schweif hatte sie in den Stall geführt. In Erinnerung an die Geburt ihres Herrn feierten die ersten Christen schon wenige Jahrzehnte später das Weihnachtsfest.
Diese und ähnliche Irrtümer über die Geburt unseres Herrn Jesus Christus sind weit verbreitet. Wenn man die „Korrekturen“ bibelkritischer Theologen hinzunimmt, werden es noch mehr. Dann wurde Jesus nicht in Bethlehem, sondern in Nazaret geboren, schon gar nicht von einer Jungfrau. Diese Legende hätte die Kirche aus antiken Götzenkulten übernommen und auf Maria und Jesus hin umformuliert usw.
Wenn wir von dem ausgehen, was uns in der Heiligen Schrift überliefert ist und was wir aus historischen und archäologischen Quellen gewinnen können, stellen sich uns die Ereignisse um die Geburt unseres Herrn folgendermaßen dar:
Es begann in der Zeit, als Herodes König von Judäa war. Gemeint ist Herodes der Große, der im Jahr 47 v.Chr. vom römischen Kaiser zum Tetrarchen von Judäa ernannt worden war. Er lebte von 73-4 v.Chr. Der ebenfalls in der Bibel genannte römische Feldherr und Konsul Publius Sulpicius Quirinius wurde 11 v.Chr. Legat von Syrien und leitet bis 16 n.Chr. in verschiedenen amtlichen Stellungen den orientalischen Teil des Imperiums.
Im Jahr 8 v.Chr. führt eine Verordnung von Kaiser Augustus zum Beginn des Reichszensus in Ägypten und Syrien, einer Volkszählung zum Zweck der Steuererhebung.
Dem alten Priester Zacharias wird im Tempel während der Darbringung des Räucheropfers durch den Engel Gabriel die Geburt eines Sohnes angekündigt. Als dessen Frau Elisabeth im 6. Monat schwanger war, kündigte der gleiche Engel, einem kaum 16 Jahre alten jungen Mädchen ebenfalls die Geburt eines Sohnes an, den sie auf übernatürliche Weise empfangen sollte. Sie hieß Maria, lebte in Nazaret und war Elisabeths Nichte.
Im Jahr 7 v.Chr. erreichte die von Kaiser Augustus befohlene Steuerschätzung allmählich das Gebiet von Israel. Maria besuchte ihre schwangere Tante und blieb einige Zeit bei ihr. Beide Frauen wurden durch den Heiligen Geist zu einem prophetischen Lob Gottes angeregt. Als Maria wieder in Nazareth war, wurde Elisabeth von einem Jungen namens Johannes entbunden. Später würde man ihn den „Täufer“ nennen.
Marias Verlobter in Nazaret bemerkte mit Bestürzung, dass Braut schwanger war. Er wollte sie aus dem Ehevertrag entlassen, weil er annehmen musste, dass sie fremd gegangen war. Doch ein Engel Gottes klärte ihn über den wahren Sachverhalt auf. Da nahm er sie als seine Frau zu sich.
Die befohlene Steuerschätzung zwang die beiden, nach Bethlehem zu reisen und sich dort in die Steuerlisten eintragen zu lassen. Sie fanden in der Heimatstadt Josefs aber keinen Platz und mussten sich mit einem Stall (wahrscheinlich in einer Höhle) begnügen. Dort wurde Jesus geboren. Maria wickelte ihr Kind und legte es in einen Futtertrog, weil sie keinen anderen Platz hatte.
In einem Land östlich von Israel entdecken sternkundige Weise einen Stern, aus dessen Erscheinen sie auf die Geburt eines Königs in Judäa schließen.[ 1 ]Ob dies die von Kepler berechnete Planetenkonstellation von Jupiter und Saturn war, ist nicht unmöglich. Es würde zeitlich und inhaltlich sehr gut passen, vergleiche Gerhard Kroll, Auf den Spuren Jesu, Leipzig 1990 (11. Aufl), S. 63-68. Dies wird aber auch bestritten, zum Beispiel von Werner Gitt, Signale aus dem All, Bielefeld 1993, S. 113-122, der von einem wunderbaren einmaligen Lichtzeichen spricht, weil man bei einer Konstellation von Jupiter und Saturn die beiden Sterne noch mit bloßem Auge hätte unterscheiden können.
Als Geburtsjahr unseres Herrn Jesus Christus können wir von dem Jahr 7 v.Chr. ausgehen.[ 2 ]Dass Jesus Christus in einem Jahr „vor Christus“ geboren wurde, hängt mit der christlichen Zeitrechnung zusammen, die erst 532 n.Chr. von Dionysius Exiguus vorgeschlagen wurde. Er setzte das Jahr 248 nach der Thronbesteigung Diokletians mit dem Jahr 532 nach Christus gleich. Dass er sich dabei um sieben Jahre „verrechnete“, lag an den ungenauen Quellen, die ihm zur Verfügung standen. Biblisch-historisch lässt sich das so begründen: Herodes der Große starb Ende März, spätestens Anfang April des Jahres 4 v.Chr. Etwa ein Jahr vorher verließ er Jerusalem, schon von schwerer Krankheit gezeichnet, und betrat die Stadt nie wieder. Nach Matthäus 2,1 fand die Begegnung der Sterndeuter mit dem König aber in Jerusalem statt. Das müsste also spätestens im Jahr 5 v.Chr. stattgefunden haben, als Herodes noch in Jerusalem sein konnte. Von den Sterndeutern hatte er den Zeitpunkt der Erscheinung des Sterns erfahren und vermutete darin – nicht zu Unrecht – den Geburtstermin des Messias. Deshalb befahl er „in Bethlehem und der ganzen Umgebung alle Jungen im Alter von zwei Jahren und darunter zu töten“ (Matthäus 2,16). Von daher hat das Jahr 7 v.Chr. eine gute Chance, als Geburtsjahr unseres Herrn angenommen zu werden.[ 3 ]Ausführlichere Begründungen siehe Karl-Heinz Vanheiden: Bibelchronik Band 4. Jesus und seine Zeit. Dillenburg 2008, S. 7-8 und 261-273.
Dass Jesus allerdings am 25. Dezember geboren sei, ist eine willkürliche Festsetzung des skythischen Mönchs Dionysius Exiguus, der in Rom lebte und annahm, dass der Herr am 25. März des Jahres 1 empfangen wurde und demnach am 25. Dezember desselben Jahres geboren sein musste. Später wurde der Jahresbeginn der christlichen Ära auf den 1. Januar festgesetzt, als den Tag der Beschneidung des Herrn. Historisch gesehen ist das genaue Monats- und Tagesdatum sehr unwahrscheinlich. Denn der Dezember war in Israel ein Wintermonat, an dem sich auch die Hirten mit ihren Herden, nicht im Freien aufhalten konnten.[ 4 ]Vergleiche Esra 10,9.13; Jeremia 36,22. Von November bis Januar blieben in Israel die Herden in Ställen. Gerade in der Umgebung von Bethlehem konnte es ziemlich kalt sein.
Noch in der Nacht der Geburt erlebten ein paar Hirten draußen auf dem freien Feld die Herrlichkeit der unsichtbaren Welt Gottes. Ein Engel berichtete ihnen von der Geburt des Messias. Sie entschlossen sich, sofort nach Bethlehem zu gehen und das Kind zu suchen. Als sie es gefunden hatten priesen sie Gott.
Acht Tage später wurde das Kind beschnitten und man gab ihm den Namen Jesus.
Vierzig Tage nach der Geburt trugen Josef und Maria das Kind in den Tempel, um es Gott zu weihen und die vorgeschriebenen Opfer zu bringen. Von Bethlehem bis nach Jerusalem waren es nur sieben Kilometer.
Anschließend kehrten sie nach Bethlehem[ 5 ]Lukas überspringt in seinem Evangelium (Kapitel 2,39) die folgenden Begebenheiten weil er gleich als nächstes die Geschichte vom 12-jährigen Jesus im Tempel berichtet. zurück, wo sie inzwischen in einem Haus[ 6 ]Siehe Matthäus 2,11. wohnten.
Etwa ein Jahr später erkundigten sich die sternkundigen Weisen bei König Herodes in Jerusalem nach dem neugeborenen König. Jüdische Gesetzeslehrer erklärten dem König, dass der Messias in Bethlehem geboren würde. Herodes schickt die Weisen nach Bethlehem, erkundigte sich vorher aber noch genau nach dem Zeitpunkt, an dem der Stern erschienen war.
Die Weisen gehen noch am Abend los, entdecken den Stern wieder, der sie nach Bethlehem zu dem Haus führte, in dem sich das Königskind befand. Sie erweisen dem Messias königliche Ehre und legen dem Kind ihre mitgebrachten Schätze hin: Gold, Weihrauch und Myrrhe.[ 7 ]Auf diese Geschenke wird die Dreizahl der Weisen zurückgeführt. Dass es Könige gewesen wären, schloss man aus Jesaja 60,1.6 und Psalm 72,10. Ihre Namen und ihre genaue Herkunft stammen aus frommen Legenden. Noch in der Nacht erhalten sie eine göttliche Weisung, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren.
Nachdem sie abgereist waren, erhielt auch Josef eine göttliche Weisung im Traum, Bethlehem sofort zu verlassen und mit dem Kind und seiner Mutter nach Ägypten zu fliehen.
Als Herodes merkte, dass die Weisen nicht wieder zu ihm zurückkamen, war er außer sich vor Zorn. Er befahl, in Bethlehem und der ganzen Umgebung alle Jungen im Alter von zwei Jahren und darunter zu töten. Er hatte die Zeit etwas aufgerundet, um den eventuellen Messias mit Sicherheit aus dem Weg zu schaffen.
Zwei Jahre später, nach dem Tod von Herodes, kehrte Josef aufgrund einer göttlichen Weisung mit seiner Familie nach Israel zurück und ließ sich in Nazaret nieder.
Die ersten Christen hatten kein Interesse daran, die Geburt ihres Herrn zu feiern. Viel wichtiger war ihnen sein Tod, seine Auferstehung und sein versprochenes Wiederkommen. Die Feier des Weihnachtsfestes bildete sich erst im Lauf des 4. Jahrhunderts heraus.
(Erschienen in B&G 4/2013)
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