Bis ins 3. Jahrhundert war die Kirchensprache in Rom noch Griechisch. In Nordafrika war das noch bis ins 5. Jahrhundert der Fall und in Byzanz blieb sie es. Man konnte die Abschriften der biblischen Texte also noch in der Originalsprache lesen. Doch vor allem in den westlichen Teilen des Römischen Reiches entstanden schon seit dem 2. Jahrhundert altlateinischen Übersetzungen (Vetus Latina).
In der wachsenden Christenheit des Westens in Südgallien und Nordafrika, wo zum größten Teil Latein gesprochen wurde, war das Bedürfnis entstanden, Übersetzungen der Septuaginta in Latein für den Gottesdienst und das persönliche Bibellesen zu besitzen. 40 solcher Handschriften sind uns bis heute überliefert.
Doch wegen der großen Verschiedenheit der umlaufenden Texte beauftragte Papst Damasus im Jahr 382 den sprachkundigsten Bibelgelehrten des Abendlands, Hieronymus (347-419 n.Chr.), mit der Herstellung eines einheitlichen Textes. Im 13. Jahrhundert erhielt dieser dann den Namen Vulgata, d.h. die allgemein Verbreitete.
Hieronymus begann mit den Evangelien, wo er an 3500 Stellen die ihm vorliegenden Texte verbesserte. Ein Jahr später, nach Vollendung der Evangelien, schrieb er an den Papst: (Vorrede zum Neuen Testament; zit. nach A. M. Ritter, Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen, Bd. 1 – Alte Kirche, S. 181 f.; im Original bei J. P. Migne, Patrologiae cursus completus, series Graeca (MPG) 29, Sp. 525 ff.)
Du zwingst mich, ein neues Werk aus einem alten zu schaffen, gleichsam als Schiedsrichter zu fungieren über Bibelexemplare, nachdem diese [seit langem] in aller Welt verbreitet sind, und, wo sie von einander abweichen, zu entscheiden, welche [der von ihnen gebotenen Lesarten] mit dem authentischen griechischen Text übereinstimmen.
... Soll aber die zutreffende Textform aus einem Vergleich mehrerer ermittelt werden, warum dann nicht gleich auf das griechische Original zurückgehen und danach all die Fehler verbessern, ob sie nun auf unzuverlässige Übersetzer zurückgehen, ob es sich bei ihnen um Verschlimmbesserungen wagehalsiger, aber inkompetenter Textkritiker oder aber einfach um Zusätze oder Änderungen unaufmerksamer Abschreiber handelt?
Von 386 n.Chr. an lebte er in Bethlehem. Er hatte in Caesarea die Hexapla des Origenes eingesehen und für seine Arbeit verwendet. Zunächst bearbeitete er die neutestamentlichen Bücher. Ab 390 arbeitete er dann am Alten Testament. Zuerst vereinheitlichte er die Psalmen nach einem griechischen Text, ging dann aber dazu über, alle Texte neu direkt aus dem Hebräischen zu übersetzen. 23 Jahre bis 405 arbeitet er an der Übersetzung.
Interessanterweise trat Hieronymus ganz deutlich gegen die Apokryphen auf und übernahm sie nicht in seine lateinische Übersetzung. Erst nach seinem Tod wurden die griechischen apokryphen Texte als lateinische Übersetzung der Vulgata beigefügt.
Hieronymus' Übersetzung brauchte lange, um sich durchzusetzen. Erst ab dem 9. Jahrhundert wurde sie im Westen als einzig gültige Bibel angesehen, und bekam ihren Namen: Vulgata. Die Bibelübersetzung in die Volkssprachen kam dadurch weitgehend zum Erliegen.
In der Mitte des 15. Jahrhunderts erfand Johannes Gutenberg den Buchdruck mit beweglichen Metall-Lettern. Die von ihm erstmals gedruckte Bibel (Gutenberg-Bibel) war eine Vulgata. Das war der Höhepunkt der Verbreitung der Vulgata.
Dieses Thema abonnieren
Report absenden
Meine Kommentare