Boehn, Christiane von. Neukirchner Bibel. Die Evangelien. Übersetzt und erklärt. Neukirchen-Vluyn: Kalenderverlag 2019. 543 S. Gebunden: 25,00 €. ISBN: 978-3-920524-88-7.
Die Autorin ist Pastorin, Leiterin und Dozentin der Neukirchener Diakonen-Ausbildung. Mit ihrer Übersetzung und Erklärung der Evangelien legt sie ein ungewöhnliches und auffällig gestaltetes Werk vor. Die Jesusworte und -geschichten, die mehrfach vorkommen, werden meist nur an einer Stelle erklärt. Die Erklärungen und Zitate sind durch eine rotgestrichelte senkrechte Linie markiert und so deutlich von der Übersetzung abgehoben. Verweise auf Erklärungen an anderer Stelle finden sich jeweils am Rand. Auffällig ist die Hervorhebung von Frauen im Bibeltext und der oft wiederholte Verweis auf die Freundinnen bei den Jesus-Jüngern. Die politische Correctness ermüdet die „Leserinnen und Leser“ doch nur. Es fällt weiter auf, dass Frau von Boehn bei Fremdworten meist die Betonung angibt, z.B. bei „Agape (Betonung auf der zweiten Silbe)“.
Schwieriger wird es beim Inhalt. An der Übersetzung ist nur wenig auszusetzen, sie ist leicht verständlich. Ärgerlich dagegen ist, dass die Autorin die Geschichte von dem reichen Mann und dem armen Lazarus wie ein Märchen beginnen lässt: „Es war einmal ein reicher Mann“ (zu Lk 16,19). Fraglich ist auch Lukas 22,29: „Und ich vermache euch testamentarisch eine Herrschaft, wie sie mein Vater mir übereignet hat.“
Ansonsten ist die Auslegung durchwachsen. Man spürt die Theologin zu sehr, die manches Biblische von kritischer Theologie her in Frage stellt und anderes recht salopp formuliert: „Die schutzlose Witwe kocht mit ihrer Entschlossenheit sogar den Richter weich“ (zu Lk 18,1-8). Aber was meint sie mit dem Satz: „Jesus von Nazareth und der Christus des Glaubens sind historisch eng miteinander verbunden“? (S. 5) Glaubt sie denn auch, dass der „Christus des Glaubens“ erst von der Gemeinde erfunden wurde? Und beim Verfasser des Johannes-Evangeliums irritiert sie mit der These: „Wenn wir von ‚Johannes‘ sprechen, meinen wir einen Überlieferungsprozess, der nicht mehr genau erhellt werden kann, aber in die älteste Zeit der Augenzeugen zurückreicht.“ (S. 541) Bei folgendem Satz fragt man sich, ob sie denn nicht an ein kommendes Gericht Gottes glaubt: „In Joh 3 wird betont, dass wir selbst für den Ausgang dieses Geschehens verantwortlich sind. ‚Gericht‘ können wir selbst, da müssen wir Gott nicht den ‚schwarzen Peter‘ des Richters zuspielen“ (zu Joh 5,24). Und woher hat sie eigentlich die Behauptung: „Aus der Erntefeier in den Weinbergen entstand der Brauch, während der Festwoche in Laubhütten zu wohnen, zu essen und zu schlafen.“ (S. 452) Laut Bibel war das eine Anordnung Gottes zum Erntefest und diente außerdem als Erinnerung an die Wüstenwanderung (3Mo 23,39-43).
Ich weiß nicht so recht, wem ich diese „Bibel“ empfehlen soll.
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