Messias PlakatWarum habe ich nur zugesagt, diesen Aufsatz zu schreiben, frage ich mich. Es gibt ja schon so viele Bücher über erfüllte Prophetie, über Qumran, über das Leben, die Zeichen, die Wege und das Wiederkommen des Messias, ganz zu schweigen von den zahllosen Aufsätzen, die ich in meiner Bibliothek finde. Soll ich denn wirklich die vielen Texte, die über den Messias im Alten und im Neuen Testament verfasst worden sind, durch einen weiteren Schriftsatz vermehren?

Was mich gereizt hat, ist der Begriff „Christus“, der in unserem Sprachgebrauch ja schon zum Familiennamen für Jesus mutiert ist. Der Christus, Griechisch: ho Christos, ist die Übersetzung des hebräischen HaMeSCHiJaCH und heißt auf Deutsch der Gesalbte.

Im Alten Testament gehörte die Salbung zum Krönungsritual eines Königs. Dem künftigen Herrscher wurde ein speziell zubereitetes heiliges Salböl über den Kopf gegossen. Er wurde zum König gesalbt. Gesalbt hatte man ursprünglich zwar auch das Heiligtum Israels, das Zelt der Gottesbegegnung. Aber das war ein einmaliger Vorgang. Regelmäßig wurde nur noch der jeweilige neue Hohe Priester durch eine Salbung in sein Amt eingeführt, wenn sein Vorgänger gestorben war.

Nun gibt es in der Bibel aber noch viele andere Begriffe, die sich auf den Messias beziehen. Der Messias wird ein König sein, aber auch der Gottesknecht, der Menschensohn, der zweite Adam, ein Prophet wie Mose; er ist der Sohn Davids, der Spross, der gesalbte Fürst, der Erlöser, der Fürst des Friedens usw.

Damit wir nicht die Übersicht verlieren, beschränke ich mich in der Hauptsache auf den Messias- bzw. den Christusbegriff.

Erste Andeutungen

Die erste Andeutung von einem kommenden Erlöser finden wir schon im Bericht über den Sündenfall, wo Gott zur Schlange sagte:

1Mo 3,15: Ich stelle Feindschaft zwischen dich und die Frau, / deinem Nachwuchs und ihrem. / Er wird dir den Kopf zertreten, / und du wirst ihm die Ferse zerbeißen."

Mehr als 2000 Jahre später sagte Jakob in seinem Segen über seine Söhne:

1Mo 49,10: Nie weicht das Zepter von Juda, / der Herrscherstab von seinem Schoß, / bis der kommt, dem er gehört. / Und ihm werden die Völker gehorchen.

Damit kündigte er einen König an, der aus dem Stamm Juda kommen, aber seine Wirkungsmacht weit darüber hinaus entfalten würde.

Weitere Vertiefungen

Das erste Samuel-Buch beginnt mit der Geschichte einer Frau, die sehr unter ihrer Kinderlosigkeit litt. Nachdem sie am Heiligtum Israels ihre Not dem unsichtbaren Gott geklagt hatte, kehrte sie getröstet nach Hause zurück. Gott erhörte ihr Gebet und sie bekam einen Sohn. Als sie ihn drei Jahre später in Schilo bei der Familie des Hohen Priesters Eli zurückließ – denn sie hatte ihn Gott versprochen – formulierte sie ein prophetisches Loblied zur Ehre Gottes. Sie sagte unter anderem

1Sam 2,8.10: Die Fundamente der Welt gehören Jahwe, / auf sie hat er den Erdkreis gegründet / … / Über die ganze Erde hält Jahwe Gericht. / Seinem König verleiht er Macht, / er stärkt und erhöht seinen Gesalbten.

700 Jahre nach Jakob war immer noch kein König in Sicht. Das Zwölfstämme-Volk Israel wurde abwechselnd von Richtern regiert. Der letzte von ihnen würde Samuel sein, der Sohn, den seine Mutter Hanna gerade bei Eli abgeliefert hatte. In Hannas Gebet wird nun zum ersten Mal in der Bibel der kommende König als der Gesalbte (Hebräisch: Messias) bezeichnet.

Ein paar Jahre später, als Samuel noch ein Junge war, kam ein Gottesmann zu dem Hohen Priester Eli und prophezeite ihm Schreckliches. Seine beiden Söhne würden an einem Tag sterben und:

1Sam 2,35: Dann werde ich einen Priester berufen, der mir treu bleibt, der mir dient und tut, was mir gefällt. Ihm werde ich eine beständige Nachkommenschaft schenken, und er wird immer bei meinem Gesalbten sein.

Für Eli bedeuteten diese Worte das Ende seines hohenpriesterlichen Geschlechts. Er stammte zwar von Aaron, dem ersten Hohen Priester ab, aber von der Linie Itamars, des vierten und jüngsten Sohnes Aarons. Die offizielle hohenpriesterliche Linie sollte aber über den jeweils ältesten Sohn laufen. Das war in diesem Fall Eleasar, der dritte Sohn Aarons. (Die beiden ältesten Söhne Aarons waren in einem Gottesgericht umgekommen.) Nun würde das Amt des Hohen Priesters wieder auf die Linie Eleasars übergehen. Der bekannteste von ihnen würde Zadok sein, der zu Davids und Salomos Zeiten als Hoher Priester amtierte.

Eli wurde gesagt, dass dieser von Gott berufene Hohe Priester eine beständige Nachkommenschaft haben und immer bei seinem Gesalbten, also dem König, sein würde. Von dieser Zeit an wird in der Bibel mit dem Gesalbten, also dem Messias, nur noch der König gemeint. Selbst Saul, der erste König Israels, den Gott später verwerfen musste, wurde als der Gesalbte Jahwes bezeichnet. Das war der Grund, weshalb David sich in seiner Fluchtzeit trotz bester Gelegenheiten nie an Saul vergriff.

Aber schon zu dieser frühen Zeit (um 1110 v.Chr.) wird etwas angedeutet, das über David und den jeweiligen Hohen Priester weit hinausgeht und auf die beständige Gemeinschaft der beiden Gesalbten hinweist.

Der Prophet Daniel schließlich spricht fünfeinhalb Jahrhunderte später von einem Gesalbten, der die Todesstrafe erleiden und dass in diesem Zusammenhang die Stadt Jerusalem und das Heiligtum zerstört werden würde.

Dan 9,25-26: Du musst Folgendes wissen und verstehen: Vom Erlass des Befehls zum Wiederaufbau Jerusalems bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten, vergehen sieben Jahrwochen. 62 Jahrwochen lang wird es dann als wiederaufgebaute und befestigte Stadt bestehen bleiben, auch wenn es schwere Zeiten erleben muss. Aber nach den 62 Jahrwochen wird ein Gesalbter die Todesstrafe erleiden und keine Hilfe finden. Dann wird das Volk eines kommenden Fürsten die Stadt und das Heiligtum zerstören.

Für uns ist das Gesagte ein sehr deutlicher Hinweis auf den Kreuzestod unseres Herrn Jesus Christus und die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. Aber bei den Juden hat der Hinweis auf einen Gesalbten, der die Todesstrafe erleiden muss, offenbar kaum Beachtung gefunden.

Wenige Jahrzehnte nach Daniel kündigte der Prophet Sacharja einen Mann an, der „Spross“ heißen und den Tempel Jahwes bauen würde. Er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen und zugleich wird auch ein Priester auf dem Königsthron sein (Sach 6,12-13). So wurden die Hinweise auf den Einen, der das alles erfüllen würde, immer deutlicher. Jedenfalls die, die nach Christus lebten, sollten das erkennen können. Die jüdischen Erwartungen aber waren anders.

Jüdische Erwartungen

Schon während der babylonischen Gefangenschaft (etwa 606-536 v.Chr.), aber dann auch in der Zeit „zwischen den Testamenten“ (etwa 400 v.Chr. bis 40 n.Chr.) wuchs unter den Juden die Sehnsucht nach einem Befreier. Sie studierten die Schrift und erwarteten, dass der Messias ein Sohn Davids, ein König, sein würde. Deshalb deuteten sie auch den dunklen Ausdruck „Schilo“ in 1Mo 49,10 auf den Messias. Sie fanden einen Messias, der Sieger über die Feinde Israels und Herrscher über die Völker sein würde. Er würde auch der Richter sein, der die Gottlosen bestraft und den Armen aufhilft. Sein Frieden käme vor allem den Tätern der Tora, der fünf Bücher Mose, zugute. Generell wird vom Messias einerseits die Vernichtung der Feinde Israels und der Sünder erwartet, andererseits aber auch die Sammlung Israels und seine Herrschaft über dessen Stämme.

Interessant ist, dass die endzeitlich orientierte Qumrangemeinschaft außer dem Messias aus dem Haus Davids noch einen zweiten, den „Messias Aarons“, erwartete. Der „Messias Aarons“ würde natürlich der Hohe Priester sein und ein Toragelehrter, der das Volk des Neuen Bundes unterweisen würde. Nach Sicht der Qumrangelehrten wird in der Endzeit die königliche Herrschaft allerdings dem Priestertum untergeordnet sein.

Kritische Diskussionen

Nun weist Matthäus gleich am Anfang seines Evangeliums, als er den Stammbaum von Jesus aufführt, darauf hin, dass Jesus auch Messias genannt wurde. Als Jesus am achten Tag nach seiner Geburt in den Tempel zur Beschneidung gebracht wurde, kam der alte Simeon herzu, weil er vom Heiligen Geist die Gewissheit erhalten hatte, dass er nicht sterben werde, bevor er den vom Herrn gesandten Messias gesehen habe. Selbst Herodes fragte danach, wo der Messias geboren werden würde, denn er fürchtete die Geburt eines neuen Königs.

Als Jesus seine Jünger fragte, was sie über ihn dachten, sagte Petrus: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Es fällt auf, dass Jesus selbst diesen Titel nur ganz selten gebrauchte. Denn kurz danach schärfte er seinen Jüngern ein, niemand zu sagen, dass er der Messias sei, was andererseits aber auch bedeutet, dass er sich sehr wohl bewusst war, der Messias zu sein. Selbst nannte er sich lieber „Menschensohn“, vielleicht auch, um keine falschen messianischen Hoffnungen bei den Juden aufkommen zu lassen.

Auch das Volk diskutierte über den Messias. Die Frau am Jakobsbrunnen sprach die Vermutung aus, dass Jesus vielleicht der Messias sein könnte, weil er sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert hatte. Andere meinten, dass niemand wissen könnte, woher der Messias einmal kommen würde. Die Herkunft von Jesus aber wäre bekannt. Wieder andere meinten, dass der Messias kaum mehr zeichenhafte Wunder tun würde als Jesus. Die einen sagten, er wäre der Messias, andere er wäre es nicht, weil der Messias nicht aus Galiläa kommen würde.

Als schließlich der Hohe Priester ihn fragte: „Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott: Bist du der Messias, der Sohn Gottes, oder nicht?" bestätigt Jesus das. Das war dann der Grund ihrer Anklage vor Pilatus: Er behauptet, der Messias, also ein König, zu sein. Pilatus fragte ihn dann direkt, ob er der König der Juden sei, was Jesus ebenfalls bestätigte. Den Emmaus-Jüngern erklärte der Herr nach seiner Auferstehung: „Musste der Messias nicht das alles erleiden, bevor er verherrlicht wird?“

Christliche Entwicklungen

Nach der Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn konnten die Apostel deutlicher vom Messias sprechen, denn es bestand nicht mehr die Gefahr, dass er mit einem irdischen König verwechselt wurde. So verkündigten die Apostel jeden Tag im Tempel und in den Privathäusern, dass Jesus der Messias ist. Das war zunächst die Botschaft für die Juden in Israel. Paulus predigte die gleiche Botschaft nach seiner Bekehrung den Juden in Damaskus. Dieselbe Botschaft galt aber auch den Samaritern und darüber hinaus den Juden und Nichtjuden in Thessalonich. Die Missionsstrategie des Paulus wird in folgendem Vers deutlich:

Apg 17,3: Auf der Grundlage der Heiligen Schrift öffnete Paulus ihnen das Verständnis für den Messias. Er legte ihnen dar, dass der Messias nach Gottes Plan leiden, sterben und danach vom Tod auferstehen müsse. "Und dieser Jesus, von dem ich zu euch spreche, ist der Messias", sagte Paulus.

Der Inhalt seiner Botschaft: Der Messias, der im Alten Testament angekündigt wurde, ist gekommen. Er musste leiden, sterben, auferstehen und in den Himmel auffahren. Er ist jetzt der verherrlichte Herr, der messianische König, der auf dem Ehrenplatz an Gottes rechter Seite sitzt und sich für uns einsetzt. Und genau das wird auch den Nichtjuden verkündigt, wie die Briefe des Neuen Testaments zeigen. Paulus schreibt:

Eph 3,8: Mir, dem Geringsten von allen, die Gott geheiligt hat, wurde die Gnade geschenkt, den nichtjüdischen Völkern verkündigen zu dürfen, dass der unfassbare Reichtum des Messias auch für sie da ist.

Die Wirklichkeit unseres Herrn Jesus Christus geht weit über seine Bezeichnung als König der Juden hinaus. Er sitzt ja nicht auf dem Thron Davids in Jerusalem, sondern er ist Davids Herr, der Herrscher eines himmlischen Reiches. An ihm orientieren sich die Christen.

Kol 3,1: Wenn ihr nun zusammen mit dem Messias zu einem neuen Leben auferstanden seid, dann richtet euch auch ganz nach dem aus, was oben ist, wo Christus, der Messias, sitzt: auf dem Ehrenplatz neben Gott.

1Petr 3,15: Lasst Christus (w. den Christus, d.h. den Messias) den Herrn, die Mitte eures Lebens sein!'

Noch einmal: Wenn im Neuen Testament von dem Christus die Rede ist, dann ist sein Messiastitel gemeint, obwohl selbst schon im Neuen Testament Christus auch als Name gebraucht wird, dann aber meist ohne Artikel. Darüber hinaus ist Jesus der gesalbte König und der Hohe Priester in einer Person, wie der Hebräerbrief deutlich macht.

Hebr 5,5: So hat auch der Messias sich nicht selbst die Würde eines Hohen Priesters verliehen, sondern es war der, der zu ihm gesagt hatte: "Du bist mein Sohn. Ich, ich habe dich heute gezeugt."

Wir glauben daran, dass Jesus auch unser Messias ist, unser König und Herr und unser Hoher Priester.

1Jo 5,1: Wer glaubt, dass Jesus der Messias, der Christus, ist, der wurde aus Gott geboren.

Das schließt nicht aus, dass Jesus Christus noch einmal eine gewaltige Rolle für sein Volk Israel spielen wird, wenn er, wie er es versprochen hat, wiederkommt. Menschen, die an der ersten Auferstehung teilhaben durften, werden bei ihm sein.

Offb 20,6: Sie werden Gott und dem Messias als Priester dienen und die tausend Jahre zusammen mit Christus regieren.

Doch wir wollen daran denken: Immer wenn wir den Namen Christus oder Jesus Christus gebrauchen, sprechen wir von unserem Herrn und König, denn er ist der Herr über alle Herren und König über alle Könige (Offb 17,14; 19,16).

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