1. Mose 1,2: Die Erde war formlos und leer. Finsternis lag über der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.
Seit Luther das hebräische tohu wa bohu in diesem Vers mit „wüst und leer“ übersetzt hat, ist Tohuwabohu ein umgangssprachlicher Begriff für ein völliges Durcheinander geworden. Davon sollte man sich aber nicht irreführen lassen. Die Begriffe deuten nämlich eher darauf hin, dass alles noch ungeformt und leer war, also auf einen Zustand der Welt ohne Ordnung und Form. Deshalb übersetzt auch die Septuaginta (die älteste Übersetzung des Alten Testaments) schon um 200 v.Chr. tohu wa bohu mit „unsichtbar und ungeordnet“.
Es war der Ausgangszustand dessen, was einmal die Erde werden sollte. Zunächst war alles unsichtbar, denn es war völlig finster. Es war wie eine unheimliche Meerestiefe, wie Meereswogen, über die ein Gottessturm fuhr, oder (wie man auch übersetzen kann) der Gottesgeist schwebte.[1]
Ja, der lebendige Gott ist von Anfang an dabei. Seine schöpferische Macht wird dieses für uns Unfassbare in den ersten drei Schöpfungstagen zu einem lebensfreundlichen Raum umwandeln, der von Pflanzen, Tieren und Menschen besiedelt werden kann.
Einige Bibelausleger haben das Tohuwabohu als Hinweis darauf verstanden, dass Gott am Anfang Himmel und Erde geschaffen hat, dass dann aber etwas geschah, was die ursprüngliche Schöpfung ins Chaos stürzte und Gott sie nun neu erschafft. Man nennt dies die Restitutions- oder auch Gap-Theorie, (die Wiederherstellungs- oder Lücken-Theorie). Zwischen Vers eins und zwei hätte es also eine zeitliche Lücke gegeben, in der sich der Fall Satans und seiner Engel ereignet habe. Manche nehmen sogar an, dass man die Saurierzeit, die Fossilfunde, die Erdschichten oder sogar die Entstehung des Kosmos in dieser angeblichen Lücke abladen kann. Aber dann müsste man diese gemäß dem Weltbild der Evolution auf riesige Zeiträume ausdehnen. Davon sagt die Bibel aber gerade nichts. Und außerdem müsste man dann annehmen, dass der Tod lange vor Adams Fall in die Schöpfung gekommen wäre.
Das Tohuwabohu in der Bibel Jer 4,23: Ich sah die Erde an – sie war formlos und leer. / Ich schaute zum Himmel – er war ohne Licht. |
Dass der Fall Satans vor dem Sündenfall – der in Kapitel 3 berichtet wird – stattgefunden haben muss, ist eine sinnvolle Annahme. Dabei führt aber nicht nur jede zeitliche Vorstellung in die Irre, sondern vor allem die Spekulation, dass sein Fall eine Zerstörung der Erde ausgelöst hätte. Das Geheimnis über den Ursprung des Bösen bleibt uns Menschen verborgen, denn die Heilige Schrift macht keine direkte Aussage darüber.
Eine zeitliche Lücke zwischen Vers 1 und 2 anzunehmen, ist zwar sprachlich nicht völlig ausgeschlossen, bleibt aber biblisch-theologisch sehr fragwürdig. Denn in 1. Mose 1,31 bezeichnet Gott seine gesamte Schöpfung, nachdem er sie vollendet hatte, als „sehr gut“. Das wäre aber eine ziemlich unpassende Beschreibung, wenn der Böse schon einmal eine Schöpfung Gottes hätte zerstören können.
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[1] Es ist aber auch möglich die Verse 1+2 als zusammenhängende Einheit zu verstehen, also ohne Lücke. Dann wäre hiermit die erste große Schöpfungstat Gottes beschrieben. Erde und Himmel sind gerade geschaffen worden, aber noch nicht vollständig – zumindest was die Erde betrifft. Die Vollendung geschieht durch die Schöpfungsworte in 1,3-31. Dann folgt der Abschluss in 2,1-3 in dem auch das Wort „vollendet“ gebraucht wird. (Nach Koorevaar in Junker, Genesis S. 110.) 1Mo 2,4 würde dann auf diese erste Schöpfungseinheit des ersten Tages zurückführen. Dann müsste 2,4b im wörtlichen Sinn verstanden werden: „An dem Tag, als Jahwe, Gott, Himmel und Erde machte …“
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