Lesen Sie noch einmal 1. Mose 11,1-9! Achten sie dabei besonders auf das, was über die Sprache gesagt wird.
1. Mose 11,1-9 Zuerst hatten die Menschen alle noch dieselbe Sprache und den gleichen Wortschatz. 2 Als sie dann aus dem Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und ließen sich dort nieder. 3 Sie sagten zueinander: "Los! Wir machen Ziegel aus Lehm und brennen sie zu Stein!" Die Ziegel wollten sie als Bausteine verwenden und Asphalt als Mörtel. 4 Dann sagten sie: "Los! Bauen wir eine Stadt und einen Turm, der bis an den Himmel reicht! So werden wir uns einen Namen machen und verhindern, dass wir uns über die ganze Erde zerstreuen." 5 Jahwe kam herab, um sich anzusehen, was die Menschen da bauten – eine Stadt mit einem Turm! 6 Da sagte er: "Es ist offensichtlich: Sie sind ein einziges Volk und sprechen nur eine Sprache. Und was sie jetzt begonnen haben, zeigt, dass ihnen künftig nichts unmöglich sein wird. Sie werden alles tun, was sie sich ausdenken. 7 Los! Steigen wir hinunter und verwirren ihre Sprache, dass keiner mehr den anderen versteht!" 8 So zerstreute Jahwe die Menschen von dort aus über die ganze Erde, und sie mussten aufhören, die Stadt zu bauen. 9 Deswegen gab man der Stadt den Namen Babel, Verwirrung, denn Jahwe hatte dort die Sprache aller Menschen verwirrt und sie von diesem Ort aus über die ganze Erde zerstreut.
Das Rätsel der Ursprache
Der Städtename Babel findet sich bereits in sumerischen Inschriften, aber die Sumerer kannten die Herkunft und Bedeutung dieses Wortes nicht mehr. Der biblische Text erklärt den Namen anhand der allgemein semitischen und hebräischen Wortwurzel bll (verwirren) mit „Verwirrung“. Die Bedeutung dieses Namens kann weder aus dem Akkaddischen noch aus dem Sumerischen abgeleitet werden. Handelt es sich also bei der Ur-Sprache, die man vor der babylonischen Verwirrung gesprochen hat, um eine semitische Sprache, vielleicht ein Ur-Hebräisch? Es spricht einiges dafür:
- Die Namen vor der Flut sind eindeutig semitisch.
- Die Wortspiele mit Namen (zum Beispiel 1. Mose 2,23; 3,20; 4,1.16; 5,29) machen nur in der hebräischen Sprache Sinn.
- Die nicht-hebräischen Namen im 1. Buch Mose wurden von Mose gerade nicht ins Hebräische übertragen, sondern in der jeweiligen Sprache belassen.
Heutige Beobachtungen
Wichtig dabei ist aber die Beobachtung, dass man die heute gesprochenen Sprachen nicht auf eine einzige Ursprache, sondern nur auf eine Reihe von Sprachfamilien zurückführen kann. Man unterscheidet etwa 180 Sprachfamilien und 120 isolierte Sprachen. Diese Sprachfamilien und isolierte Sprachen weisen untereinander also keine Verwandtschaft auf.
Heute geht man von mehr als 7000 gesprochenen Sprachen aus. Allerdings gibt es noch keine allgemein anerkannten Lösungen für die Sprachzählung und Sprachidentifikation. Wann muss man zum Beispiel einen Dialekt als eigene Sprache werten?
Diese Beobachtungen sprechen erst einmal gegen alle evolutionären Theorien, die eine einzige Ursprache postulieren. Alle vorhandenen Sprachfamilien müssten sich also separat entwickelt haben, was an sich extrem unwahrscheinlich ist. Eigentlich sind alle Sprachentstehungs-Hypothesen rein spekulativ, weil es keinerlei empirisch überprüfbaren Hinweise für eine natürliche Sprachentstehung gibt.
Andererseits zeigt die sprachliche Verwandtschaft innerhalb von Sprachfamilien, dass sich Sprachen und Dialekte sehr wohl auseinander entwickeln können.
Wenn man aber vom evolutionistischen Denken herkommt, müsste man außerdem zwei Dinge annehmen, wie man das noch im 19. Jahrhundert getan hat:
- Die ältesten Sprachen müssten im Vergleich zu den modernen Sprachen der hochzivilisierten Völker bedeutend primitiver sein.
- Auch die Sprachen von Volksgruppen auf niedriger Zivilisationsstufe müssten heute noch einfacher sein als die der modernen Hochkulturen.
Beide Annahmen, die immer noch das Denken vieler Menschen bestimmen, sind durch sprachwissenschaftliche Forschungen längt überholt.
- Die ältesten heute bekannten Sprachen, von denen eine Menge schriftlicher Zeugnisse gefunden wurden, sind das Sumerische, das Ägyptische und das Akkadische. Es hat sich aber herausgestellt, dass diese ältesten Sprachen hochkomplex sind. Die modernen Sprachen sind in jeder Hinsicht einfacher.
- Auch die Untersuchung der Sprachen kleiner Volksgruppen, die in Steinzeitkulturen leben, hat ergeben, dass deren Komplexität jeglicher europäischen Sprache weit überlegen ist. Das heißt: Zwischen dem Kulturniveau einer Gemeinschaft und der Struktur ihrer Sprache besteht kein Zusammenhang.[1]
Die Sprachverwirrung in der Bibel
Die Bibel sagt, dass Gott die bis dahin einheitliche Sprache der Menschen verwirrte. Das heißt aber nicht, dass er die Ur-Sprache zerstörte, sondern dass er den Menschen eine Menge neuer Sprachen dazu gab. Jede Sprache war in sich perfekt und wurde nur von ganz wenigen Menschen verstanden und gesprochen. Möglicherweise waren das die Grundsprachen für die späteren Sprachfamilien. Und offensichtlich verstanden die verschiedenen kleinen Gruppen (bis auf eine) auch die Ur-Sprache nicht mehr.
Damit hatte Gott eine Situation der totalen Verwirrung herbeigeführt, die bald darauf zur Zerstreuung der Menschen über die ganze Erde führte.
Dazu kommt noch, dass keine einzige Sprache im Verhältnis 1:1 zu einer anderen steht. Jedes Wort hat in einer bestimmten Sprache ein ihm eigenes Bedeutungsfeld. Es ist ein sehr schwieriges Unterfangen in zwei Sprachen Wörter zu finden, die genau das gleiche Bedeutungsfeld haben. So kann das deutsche Wort Himmel den Lufthimmel, den Sternehimmel oder die unsichtbare Welt Gottes meinen, ja selbst den Stoffbezug unter dem Dach des PKW. Die englische Sprache hat dafür ganz verschiedene Worte. Oder wenn wir die Zeitformen von Verben im Deutschen mit denen in der hebräischen Sprache vergleichen, wird es noch extremer. So kann dieselbe hebräische Wortform einmal mit Futur I (drückt eine Absicht in der Gegenwart oder Zukunft aus), ein anderes Mal mit Präteritum (eine Handlung in der Vergangenheit) übersetzt werden.
Trotzdem kann jeder beliebige Text korrekt und angemessen von der einen in die andere Sprache übertragen werden, wenn man diese und viele andere Verschiedenheiten kennt und im jeweiligen Zusammenhang berücksichtigt. Es handelt sich eben um echte, vom Schöpfer gegebene Sprachen, die sich nicht aus Tierlauten oder ähnlichem entwickelt haben.
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[1] Siehe Liebi S. 120-225.
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