Kompakt. Hermann Menge bemühte sich um größtmögliche Nähe zum Grundtext und trotzdem um ein gutes Deutsch. Zum Verständnis tragen hilfreiche Zusätze in Klammern bei. Eine sehr gute bibeltreue Übersetzung aus dem Jahr 1926.
Der am 7.2.1841 geborene Hermann Menge, das jüngste der sechs Kinder, bereitete seinen Eltern zunächst manchen Kummer, wie Menges Mutter einmal bemerkte, als sie nach ihrem Jungen gefragt wurde. Der Lateinlehrer schrieb unter Hermanns erste Klassenarbeit: "Sub censura" - "unzensierbar". Das Gewimmel der Fehler war zu gewaltig. Doch schon ein halbes Jahr später wurde er als Klassenbester in die Obersekunda versetzt und war fortan ständig der erklärte Liebling seiner Lehrer.
Prof. Dr. phil. Dr. habil.
Nach dem Abitur studierte er in Göttingen Philologie (alte Sprachen und Geschichte) und promovierte nach seinem dritten Studienjahr. Als er anschließend in den Schuldienst trat, gelang es ihm bald, die Herzen seiner Schüler durch seine einfache und lebendige Art zu gewinnen. Selbst der Religionsunterricht war bei ihm interessant. Neben seiner Lehrtätigkeit verfasste er verschiedene Lehr- und Wörterbücher für den Unterricht in Latein und Griechisch. Seine Karriere ging steil nach oben. Nach seiner ehrenvollen Berufung an das städtische Gymnasium Sangerhausen wurde er bald Direktor, später Gymnasialdirektor in Wittstock. Inzwischen war der Titel "Professor" verliehen worden, was damals eine hohe Auszeichnung bedeutete. Krankheitshalber ließ er sich bereits mit 59 Jahren in den Ruhestand versetzen. Erst danach begann sein eigentliches Lebenswerk, für das er von der theologischen Fakultät der Universitat Münster noch in hohem Alter die Ehrendoktorwürde verliehen bekam.
Ein christianisiertes Weltkind
Den Gymnasien, denen er vorstand, hatte Menge einen christlichen Anstrich gegeben, hatte selbst Schulandachten gehalten und mit moralischen Appellen nicht gespart. Mit der Kirche und ihren Dienern stand er auf freundschaftlichem Fuß, ging regelmäßig zu den Gottesdiensten und auch zum Abendmahl. Doch stellte er nicht mehr als "das Bild eines natürlichen, nur mit dem Firnis des Christentums versehenen Menschen dar", wie er später bekannte. Bis zu seinem 60. Lebensjahr hatte der Sprachgelehrte kein einziges Kapitel im griechischen NT gelesen. Vom Johannesevangelium kannte er nur das Nikodemusgespräch. Der Inhalt des Römerbriefes war ihm sogar völlig unbekannt, ganz zu schweigen von dem der übrigen Briefe des NT. "Von der Größe und dem Unheil der menschlichen Sündhaftigkeit und Schuld, von der Notwendigkeit der Erlösung" hatte er "durchaus keine irgend wie genügende Vorstellung".
Aus geistlichem Schlaf erwacht
An einem Abend im Herbst des Jahres 1899 saß er von tiefer Ruhe umgeben in seinem Arbeitszimmer und war mit der Ausarbeitung von Morgenandachten für die Schule beschäftigt. Da trat ihm seine "Unbekanntschaft mit der Bibel in solcher Stärke vor die Seele", dass er sich aufrichtig schämte und den festen Entschluss fasste, sich dem Studium der Bibel mit aller Kraft zu widmen. Nachdem er die Arbeit an seinen Wörterbüchern beendet hatte, wandte er sich einige Jahre nach diesem Erlebnis wirklich der Bibel zu.
Der Bibelübersetzer
Menge arbeitete zunächst das NT im Urtext mehrfach durch, bevor er den Versuch wagte, einige Abschnitte zu übersetzen. Diese Versuche fielen für ihn ziemlich unbefriedigend aus. Doch mit der Schwierigkeit wuchs "offenbar unter der Einwirkung von oben" - sein Mut.
Von manchen Teilen hatte er sechsmal eine Übersetzung angefertigt. Schließlich kam nun der Gedanke, dass die Veröffentlichung seiner Arbeit auch anderen helfen könnte und er wurde von solcher Freude erfasst, dass er jede andere Beschäftigung aufgab und sich nur noch dieser Arbeit widmete.
Auf die Probe gestellt
1909 erschien die Übersetzung des Neuen Testamentes bei einem Verleger in Braunschweig. Es war ein Prachtband, mit 40 Vollbildern ausgestattet. Die Arbeit wurde überall gelobt - doch nicht gekauft. Nur wenige Exemplare konnten abgesetzt werden. Der Verleger sagte sich völlig enttäuscht von dem Buch los. Menge jedoch wurde von der Gewissheit erfasst, dass das Unternehmen nur deshalb gescheitert sei, weil die Arbeit unvollständig geblieben war. Deshalb entschloss er sich, auch die Übersetzung des Alten Testamentes in Angriff zu nehmen, obwohl alle urteilsfähigen Personen, die davon hörten, ihn warnten. Mit glühendem und nicht erlahmendem Eifer machte er sich an die zwölfjährige gewaltige Arbeit.
1922 war das Manuskript abgeschlossen und Menge packte es in seinen Schreibtisch. Er gab sich nicht die geringste Mühe, einen Verleger für seine Übersetzung zu finden.
Das Gotteskind Hermann Menge
Er fühlte ja, dass eine gewaltige "Veränderung zum Guten" in ihm vorgegangen war, "im Vergleich mit der Zeit, da ich zu dem großen Haufen der im Dunkel tappenden Weltkinder gehört hatte." Menge hat keine Damaskusstunde wie Paulus erlebt oder auch wie "zwei liebe Schüler, die mir ihre Bekehrung mit glückstrahlenden Augen schilderten". "Gottes Geist hat sein Werk an mir, wie es bei meiner inneren Verfassung wohl notwendig war, überaus langsam vollbracht." Aber dann war in seinem Herzen doch "das Licht aus der Höhe aufgegangen, sodass ich in Jesus Christus den Weg, die Wahrheit und das Leben erkannte".
Die Persönlichkeit Hermann Menge
Schon als junger Mann war Menge bestrebt, ernst und sittlich rein zu leben. Immer war er ein Vorbild eiserner Pflichterfüllung. Trotz der hohen Ehren, die ihm später zuteil wurden, und trotz des großen Erfolges, den er erleben durfte, ist er immer ein bescheidener Mensch geblieben. Menge war verheiratet und hatte fünf Kinder (zwei Söhne und drei Töchter). Seine Gattin starb wenige Jahre vor ihm.
Der wegen geschwächter Gesundheit mit 59 Jahren in den Ruhestand getretene Menge ist fast 98 Jahre alt geworden. Als zu seinem 85. Geburtstag die ganze "Menge-Bibel" erschienen war, betrachtete Menge die Arbeit nicht als beendet, sondern begann sofort mit einer gründlichen Überarbeitung, der er die restlichen 13 Jahre seines Lebens widmete.
Der Erfolg der Übersetzung
Wie die Menge-Bibel dann doch zur Veröffentlichung gekommen ist, war eine Verkettung von Umständen, in denen man den Finger Gottes deutlich sehen konnte. Es begann damit, dass Hermann Menge sich für die "Elberfelder Bibel" einsetzte, an der in dem pietistischen Wochenblatt "Licht und Leben" scharfe Kritik geübt worden war. Dabei erwähnte er beiläufig, dass er selbst etwa vom Übersetzen der Bibel verstünde und in seiner Schreibtischschublade das Manuskript einer Übertragung des Alten und Neuen Testaments läge. Das Manuskript wurde dann nach manchen Schwierigkeiten von der Württembergischen Bibelanstalt übernommen. Durch die schwierige Zeit nach dem ersten Weltkrieg und die spätere Inflationszeit gab es Verzögerungen. Doch Ostern 1926 lag die ganze Heilige Schrift in der Übertragung von Hermann Menge vor. Innerhalb von nur drei Jahren wurden 100.000 Exemplare verkauft, was ein ganz außergewöhnlicher Erfolg war, der die kühnsten Hoffnungen Menges weit übertraf.
in "Biblisch Glauben, Denken, Leben"
Nr. 15 vom Juni 1991
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