1. Mose 3, 20-24: Adam gab seiner Frau den Namen Eva, Leben, denn sie sollte die Mutter aller lebenden Menschen werden. 21 Dann bekleidete Jahwe-Gott Adam und seine Frau mit Gewändern aus Fell 22 und sagte: "Nun ist der Mensch wie einer von uns geworden. Er erkennt Gut und Böse. Auf keinen Fall darf er jetzt auch noch vom Baum des Lebens essen, um ewig zu leben." 23 Deshalb schickte Jahwe-Gott ihn aus dem Garten Eden hinaus. Er sollte den Ackerboden bearbeiten, von dem er genommen war. 24 So vertrieb er den Menschen. Östlich vom Garten Eden stellte er Cherubim* auf, dazu eine flammende umherwirbelnde Klinge, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen.
Hoffnung auf Wiederherstellung
Dass Adam seine Frau Eva nannte, das heißt „Leben“, weist zum ersten Mal darauf hin, dass er jetzt seine Autorität über sie und seine Verantwortung für sie akzeptierte. Gleichzeitig spiegelt es seinen Glauben an die Verheißung von Nachkommen wider.
Nun wird Gottes Fürsorge für die Menschen sichtbar. Er stellt sie nicht in ihrer Nacktheit bloß, sondern bekleidet sie mit dem Fell von Tieren. Dasselbe Wort wird später gebraucht, als Rebekka Felle von Ziegenböckchen verwendet.[1] Das setzt in beiden Fällen voraus, dass Tiere sterben mussten. Der erste körperliche Tod hätte der von Adam und Eva sein müssen. Stattdessen starben mehrere Tiere im Garten Eden. Ihre Kleidung wird die ersten Menschen nun ständig an Gottes Gebot erinnern, das sie übertreten hatten. Außerdem erfuhren sie zum ersten Mal, was körperlicher Tod bedeutet. Das würde eines Tages auch sie treffen.[2]
Die Menschen waren aus dem Abhängigkeitsverhältnis zu Gott herausgetreten. Sie hatten sich emanzipiert und waren ihre eigenen Herren geworden mit eigenem Wissen und Wollen. Ja, sie erkannten jetzt Gut und Böse, aber nicht durch heilige Allwissenheit wie Gott, sondern durch persönliche erniedrigende Erfahrung.
Die Versuchung für sie bestand jetzt darin, weiterhin vom Lebensbaum zu essen, um ewig weiterzuleben. Aber das hätte für sie unabsehbare Folgen gehabt. Deshalb musste Gott sie aus dem Garten vertreiben. Das war sowohl eine Strafe für die Menschen als auch ein Akt der Barmherzigkeit Gottes. Der Mensch sollte in seinem erbärmlichen Zustand nicht ewig leben müssen.
Die Cherubim, Engelwesen mit Flammenschwertern, bewachten nun die Grenze. Damit war für die Menschen der unmittelbare Zugang zu Gott versperrt. So blieb es vielleicht bis zur Sintflut, mit welcher dann der Garten Eden unauffindbar verschwand. Aber es ist denkbar, dass dieser versperrte Zugang in der Zeit vor der Flut ein Ort war, an dem Gott Opfer dargebracht wurden.
Auf jeden Fall steht das Schwert von Gottes Gericht zwischen dem gefallenen Menschen und dem Garten Gottes. Später in der Geschichte Israels bewachten die Cherubim das Höchstheilige und die Bundeslade. Symbolisiert wurde das durch ihre Gestalten auf dem Vorhang und über der Deckplatte der Bundeslade.
Schamgefühl und Nacktheit
Dass Gott die Menschen nach dem Sündenfall bekleidete, beweist, dass er das nun entstandene Schamgefühl als Schutz für den Menschen wollte. Scham ist also ein vom Schöpfer gegebenes Empfinden.
Heute wird oft behauptet, dass Schamhaftigkeit durch christliche (das soll heißen: falsche) Erziehung eingepflanzt wird. Das Gegenteil ist der Fall, wie Zeugnisse des vorchristlichen Altertums beweisen. Ethnologen belegen übrigens, dass in allen Kulturen ein Mindestmaß an Körperscham zu finden ist. Scham entsteht durch die empfundene Nacktheit, also die Unterschreitung einer Mindestgrenze an körperlicher Bedeckung.
Mit dem Wegfallen der Kleider nimmt der Mensch sich seine Würde. Wer aber kein Bewusstsein mehr für seine Würde hat, hat ein Stück von dem Schatz verloren, der Scham heißt und mich vor anderen – und sie vor mir – schützt. Kleidung verleiht einen Schutz vor den Augen des anderen und verbirgt, was wir verbergen wollen. Scham ist also notwendig für soziales Zusammenleben.
Trotzdem gehen heute immer mehr Mädchen und Jungen leichtfertig mit ihrer Intimsphäre um. Sie fotografieren sich nackt mit dem Smartphone und senden die Bilder dann an Freunde. „Sexting“ heißt das. Häufig gelangen die Bilder dann auch ins Internet und die Jugendlichen werden zum Gespött in der ganzen Schule.[3]
Das Schamgefühl ist etwas sehr Wichtiges und etwas sehr Positives. Es hat zuallererst die Aufgabe, Verletzbares zu beschützen und hat damit eine ausgesprochen konstruktive Wächterfunktion. Scham ist das Immunsystem der Seele und damit die Hüterin der Würde des Menschen.
Allerdings führt die heute öffentlich praktizierte Schamlosigkeit dazu, dass die von Gott gewollte Scham immer mehr an Wert verliert. Damit geht ihre Schutzfunktion zum Schaden für den Menschen verloren. Doch Schamlosigkeit ist keine Tugend.
Lange Zeit sah man in der Psychologie vor allem die negative Seite der Scham. Scham wurde als Belastung, als Störfaktor oder Bremse für die Entwicklung der Persönlichkeit gesehen. Das Gegenteil ist der Fall! Heute geraten, auch im Zuge der Diskussion über sexuelle Gewalt, allmählich die positiven Aspekte der Scham neu ins Blickfeld: Scham schützt die Privatsphäre! Die psychologische Forschung befasst sich seit den 80er Jahren verstärkt mit Scham.[4]
Nach dem Sündenfall wollte Gott die Nacktheit weder in seiner Gegenwart – etwa im Gottesdienst[5] – noch außerhalb der ehelichen Beziehungen.[6] Nach seinem Willen ist Nacktheit ebenso wie Sexualität ausschließlich dem Ehepaar vorbehalten. Nacktheit gehört auch nicht den Kindern. Kleine Kinder brauchen Schutz vor elterlicher Nacktheit, weil sie dadurch verunsichert werden. Ältere Kinder brauchen Schutz, damit sie nicht falsche Gefühle für ein Elternteil entwickeln.
In Freikörperkultur und Nudismus lehnen Menschen das Angebot Gottes zu ihrem Schutz ab. Durch ihre öffentliche Nacktheit bringen sie zum Ausdruck, dass sie ihre Scham unterdrückt haben und Gottes Fürsorge nicht wollen.
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[1] 1Mo 27, 16.
[2] Der Tod von Tieren war also keineswegs eine Voraussetzung für die Erschaffung des Menschen, wie Vertreter der Evolutionstheorie behaupten. Nach der klaren Aussage der Bibel trat er erst nach dem Sündenfall ein. Siehe auch 1. Mose 4,2-4.
[3] Norbert Schäfer. „Als wenn du nackt über den Schulhof läufst …“ in pro, christliches Medienmagazin, 1/2014.
[4] Weißes Kreuz. Zeitschrift für Lebensfragen. Ausgabe IV/2007.
[5] 2Mo 20,26; 28,42.
[6] 3. Mose Kapitel 18 und 20.
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